Seit 2022 steht fest, dass in Deutschland die Arbeitszeit erfasst werden muss. Doch ein konkretes Gesetz zur Umsetzung gibt es noch nicht. Das sorgt bei vielen für Verunsicherung und es kursieren immer noch viele Missverständnisse. Aber was ist wirklich dran?
Was ist bei der Arbeitszeiterfassung Pflicht?
Das deutsche Arbeitszeitgesetz regelt seit langem, dass Überstunden, also Arbeitszeiten über acht Stunden pro Tag, erfasst werden müssen. In vielen Unternehmen, besonders in Produktionsbetrieben, ist das schon Alltag – denk nur an die klassische Stechuhr.
Zusätzlich hat das Bundesarbeitsgericht 2022 entschieden, dass Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden müssen (Az.: 1 ABR 22/21). Das geht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurück, das EU-Länder dazu verpflichtet, eine verlässliche Arbeitszeiterfassung einzuführen. Ziel ist es, übermäßige Arbeitszeiten einzudämmen und Ruhezeiten zu gewährleisten.
Theorie und Praxis der Arbeitszeiterfassung
Ein großes Problem: In der Theorie ist die Kontrolle möglich, in der Praxis passiert jedoch wenig. Laut Gesetz gibt es Bußgelder nur, wenn Überstunden nicht erfasst werden. Aber was passiert, wenn ein Unternehmen keine Arbeitszeiterfassung einführt? Meistens nichts, außer es gibt Beschwerden von ehemaligen Mitarbeitern.
Digital oder analog – wie soll die Arbeitszeit erfasst werden?
Ob digital oder mit Papier und Stift – das ist momentan noch offen. Ein erster Gesetzesentwurf sah eine Pflicht zur elektronischen Erfassung vor, diese wurde jedoch nach Kritik zurückgezogen. Die meisten Betriebe nutzen bereits ein System, sei es über Tabellen, Apps oder die gute alte Stechuhr.
Arbeitszeiterfassung im Homeoffice?
Egal, ob im Büro oder Homeoffice – deine Arbeitszeit muss immer erfasst werden. Die Regelung gilt allerdings nur für Arbeitnehmer, nicht für freie Mitarbeiter. Auch leitende Angestellte sind ausgenommen. Praktikanten, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, müssen ihre Stunden ebenfalls aufschreiben.
Kannst du etwas tun, wenn dein Arbeitgeber die Zeiterfassung ignoriert?
Der Betriebsrat kann leider nicht eigenständig ein System zur Arbeitszeiterfassung einführen. Allerdings kann er sich in die Gestaltung der Erfassung einbringen, wenn der Arbeitgeber ein System einführen möchte. Laut Bundesarbeitsgericht hat der Betriebsrat bei der Frage des „Wie“ durchaus ein Mitspracherecht.
Was wird aus der Vertrauensarbeitszeit?
Schließt sich Arbeitszeiterfassung mit Vertrauensarbeitszeit aus? Nicht unbedingt. Selbstbestimmtes Arbeiten bleibt weiterhin möglich, aber die Arbeitszeit muss erfasst werden. Das heißt, auch wenn du flexibel arbeitest und deine Zeiten selbst einteilst, musst du dennoch alles dokumentieren.
In manchen Berufen, wo du vielleicht morgens kreativ bist, nachmittags Zeit für andere Dinge hast und abends nochmal arbeitest, stößt du auf das Problem der vorgeschriebenen Ruhezeiten. Hier wird auch über eine mögliche Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit diskutiert, um mehr Flexibilität zu schaffen.
Vor- und Nachteile der Arbeitszeiterfassung
Für manche kann die Arbeitszeiterfassung Nachteile mit sich bringen, vor allem wenn du bisher deine Zeit frei einteilen konntest. Andererseits sorgt sie dafür, dass Verstöße gegen Ruhezeiten oder zu viele Überstunden leichter aufgedeckt werden.
Fazit: Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bringt Licht ins Dunkel – ob das gut oder schlecht ist, hängt von deiner Arbeitsweise ab. Am Ende geht es darum, den richtigen Balanceakt zwischen Flexibilität und Transparenz zu finden, damit alle davon profitieren.
Herzlichst,
Janine Haberland