Trinkgeld an Arbeitnehmer in der Regel steuerfrei
Wenn ein Arbeitnehmer nach getaner Arbeit von Kunden und Geschäftspartnern des Arbeitgebers Trinkgeld erhält, kann er sich darüber freuen. Trinkgeld ist eine freiwillige Zuwendung, die in der Regel gemäß § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei für Arbeitnehmer ist. "In der Regel" bedeutet jedoch, dass es Ausnahmen von dieser Regel gibt. Das Finanzgericht Köln hat Ende 2023 Beispiele für Ausnahmen veröffentlicht. In zwei Fällen entschieden die Richter, dass extrem hohe Trinkgelder in der Regel nicht als Aufmerksamkeiten im Sinne von § 3 Nr. 51 EStG anzusehen sind (FG Köln, Urteile vom 14.12.2022, Az. 9 K 2507/20 und 9 K 2814/20). Als Praxistipp gilt: Wenn Arbeitnehmer hohe Trinkgelder von Kunden erhalten (Trinkgelder im Bereich von mehreren hundert Euro), die auf das Unternehmenskonto eingehen und an die Mitarbeiter weitergeleitet werden sollen, empfiehlt es sich aus Sicherheitsgründen, eine Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG beim Finanzamt einzuholen. Das Finanzamt wird dann entscheiden, ob es sich tatsächlich um steuerfreie Trinkgelder handelt oder ob es als steuerpflichtiges Arbeitsentgelt zu betrachten ist.
Problematische Trinkgeldweiterleitung
Bei einer Lohnsteuerprüfung könnte es problematisch werden, wenn alle Arbeitnehmer nach Feierabend die erhaltenen Trinkgelder beim Arbeitgeber abgeben müssen und dieser letztlich darüber entscheidet, ob und in welcher Höhe die Trinkgelder an die einzelnen Mitarbeiter ausgezahlt werden. In solchen Fällen neigt das Finanzamt oft dazu anzunehmen, dass diese Zahlungen nicht als Trinkgelder im Sinne von § 3 Nr. 51 EStG anzusehen sind. Stattdessen werden sie zunächst als steuerpflichtige Betriebseinnahmen beim Arbeitgeber betrachtet und bei Weitergabe als steuerpflichtiger Arbeitslohn angesehen.
Trinkgeld an den Unternehmer
Erhält der Betriebsinhaber von Kunden und Geschäftspartnern zusätzlich zum Rechnungsbetrag Geld zugesteckt, wird dies zwar von den Kunden als Trinkgeld angesehen, jedoch handelt es sich für den Unternehmer bei diesen Zahlungen ausschließlich um steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Für diese Einnahmen muss auch Umsatzsteuer abgeführt werden. Die Regelung gemäß § 3 Nr. 51 EStG bezieht sich nur auf Arbeitslohn und ist nicht auf Unternehmer übertragbar.
Steuerrisiko bei Trinkgeldern an den Unternehmer
Insbesondere bei einer Kassenprüfung kann das Thema "Trinkgeld an den Unternehmer" zum steuerlichen Problem werden. Denn in Branchen, in denen Trinkgelder – auch an den Chef – gängig sind, kann es unglaubwürdig sein, wenn das ganze Jahr über kein Cent Trinkgeld in der Kasse landet. Die bloße Unterstellung, dass Kunden auch dem Chef regelmäßig Trinkgeld zustecken, reicht für eine Zuschätzung zum Gewinn und Umsatz natürlich nicht aus.
Dass Trinkgelder an den Chef gezahlt – jedoch nicht versteuert – wurden, kann durch folgende Umstände vom Finanzamt belegt werden:
- Der Prüfer macht im Vorfeld Testkäufe oder lässt sich vom Unternehmer die Haare schneiden – und gibt ein Trinkgeld. Bei einer späteren Kassen-Nachschau kann dann geprüft werden, ob dieses Trinkgeld irgendwann seinen Weg in die Kasse gefunden hat.
- Bei Handwerkerleistungen haben Privatkunden regelmäßig Anspruch auf eine Steueranrechnung nach § 35a EStG für die Arbeitsleistung. Wenn ein Kunde dem Chef ein Trinkgeld gibt, möchte er dafür natürlich auch eine Steuerrechnung haben. Damit ist beim Finanzamt nachweisbar, dass ein Trinkgeld an den Chef geflossen ist. Die Verbuchung kann als Betriebseinnahme geprüft werden.
Herzliche Grüße Janine